Der 1%er
Legende oder Lebenseinstellung
Dies ist der Versuch, dem Mythos des 1%er ein bißchen
Transparenz zu verleihen.
Ich nehme die Möglichkeit wahr, mittels einem breitem
Medium mich einen Schritt näher an dieses sicherlich
heikle Thema heranzuwagen. Zumindest ist es der
Versuch, meine persönliche Einstellung und der
Clubmeinung dem gegenüber darzulegen.
Vorangehend ist natürlich ein bißchen Geschichte
notwendig, denn nur so kann man den Ursprung oder
das Thema überhaupt fassen:
Es ist eigentlich keine große Geschichte.
Im Jahre 1947, genau am Wochenende zum 4.Juli
(amerikan. Unabhängigkeitstag) wurde in einer
Ortschaft namens Hollister (Kalifornien) eine
Veranstaltung abgehalten, welche ihre Spuren bis in
die heutigen Tage, zumindest in der Bikerwelt,
hinterlassen hat. Auf der sogenannten "Gypsy Tour"
wurde von einigen Motorradfahrern und auch sicher
welche ohne Untersatz eine Party mitgestaltet, welche
dem Geschmack und der Moralvorstellung der
damaligen Zeit nicht entsprach. Delikte, wie "trinken
in der Öffentlichkeit", "rücksichtsloses Motorradfahren",
"zerbrochene Gläser und Flaschen", "diverse
Verkehrsdelikte", eigentlich lauter Dinge, welche mit
einer Ordnungsstrafe zu ahnden wären, und die Sache
wäre erledigt. Gäbe es da nicht die Presse, welche
einen riesen Skandal roch und die Sensationslust und
damit die Auflagen ins unermeßliche steigern wollte.
Die Berichterstattung erfolgte in einer Weise, als wären
die Vorfälle einem Angriff auf die amerikan. Verfassung
und Grundrechte gleichzusetzen, und so wurde das Bild
der Motorradfahrer in der Öffentlichkeit erheblich und
überzogen negativ dargestellt. Dies wiederum
veranlaßte die AMA (American Motorcycle Association)
ein Dachverband der Motorradszene in den U.S.A., eine
Gegendarstellung bzw. Erklärung abzugeben. Diese
lautete inhaltlich ungefähr so: "99% der Motorradfahrer
sind anständige, gesetzestreue Bürger, und nur die
restlichen 1% bewegen sich außerhalb des Gesetzes".
Das war die Geburtsstunde des 1%er oder Onepercenter.
Nun stellt sich die Frage, was bewegt einen
Biker dazu, sich mit diesem Symbol zu identifizieren und
es öffentlich zur Schau zu stellen
(in Form von einem 1%er Patch). Nun kommt der
Abschnitt, wo ich die
Fragen des warum, wer, wann und wo erklären möchte.
Die Erklärung ist natürlich nur, und zwar ausschließlich
nur auf meine Person und meinem Club zu beziehen.
Es ist für mich einfach klar, das eine Menge an
Ideologien in der Szene und auch außerhalb
diesbezüglich herumschwirren, jedoch denke ich,
daß es bei allen nur denkbaren Nuancen immer einen
Mainstream gibt.
Jene Gesetze, welche seiner Zeit übertreten wurden
sind in der heutigen Zeit sicher eine Bagatelle und
eher einem ausgelassenem Feiern zuzuordnen. Es ging
halt wie man so schön sagt die Post ab. Aber eines ist
ganz entscheidend, für die damalige "normale"
Gesellschaft und deren Moralvorstellung war und ist es
ein Anzeichen vom Werteverfall und einer drohenden
Apokalypse. Es wurde nicht verstanden, daß es
Menschen gibt, die die Fesseln der Sitte und des
Anstandes (aus subjektiver gesellschaftlicher
Sicht) für eine kurze Zeit lockern wollten. Noch heute
verspüren wir Biker dieses Verlangen, nicht immer nur
das zu machen, was Menschen von einem erwarten
oder verlangen. Hier ist auch nicht die Rede von Gewalt
und Verbrechen. Vielmehr sind jene Dinge, die der
Alltäglichkeit und des eingefahrenen Lebensstiles
entgegen wirken, gemeint. Allein durch das
Erscheinungsbild und die dadurch entstehenden
Vorurteile sind wir nicht so "gesellschaftsfähig", daß
man behaupten könnte - die Türen stehen uns offen.
Klischees werden immer und überall gepflegt, so muß
man auch damit leben, wenn man in eine Schublade
geworfen wird. Jetzt kommt der Kern des Pudels, genau
das zeigt man mit dem 1%er. Gegenüber dem Rest des
Volkes zeigt man, daß die eigenen Regeln und
Richtlinien, das eigene Verständnis eines erfüllten
Lebens, das erreichen der ureigenen Lebensziele und
eine frei gewählte Lebensart, für einen frei handelnden
und denkenden Menschen, wie die Biker, wichtig ist.
Wir wollen es verteidigen und dazu stehen, auch wenn
die Ausgrenzung ein hohes Maß erreichen sollte.
Die Bereitschaft zu aktiver Gewalt kann ich in diesem
Zusammenhang nicht erkennen, das heißt aber nicht,
daß im Falle von Verteidigung oder Bedrohung
dementsprechend gehandelt wird. Wir sind sicher
keine Klosterbrüder, sondern Brüder, welche Recht von
Unrecht unterscheiden können und die Courage haben
einen Teil davon selbst in die Hand zu nehmen. Auch
wenn ich das 1%er nicht in meinem Namen trage, werde
ich der Situation entsprechend handeln, wenn es z.B.
um die Familie geht, mein Eigentum geht oder meine
Brüder oder Freunde ein Problem haben. Ich werde
mich mit oder ohne dem 1%er verteidigen und paroli
bieten. Das also kann nicht der Weisheit letzter Schluß
sein - es ist viel mehr - das Bekenntnis zum Bikertum,
ein Versprechen an die Brüder, und ein Zeichen für den
Rest der Welt, welches von vielen gewünscht und von
wenigen gelebt wird.
ride free & stay honourable
Tom
President
FINAL DAWN MC
Mödling, 20.03.2002
Quellennachweis Literatur:
Zeitschrift: Biker in Österreich - "Knigge" für Biker I - 7.Jahrgang Heft 38
Zeitschrift: Biker in Österreich - "Knigge" für Biker II - 7.Jahrgang Heft 39
Buch: "One Percent" von Michael H. Upright
Buch: "Hell's Angel - Mein Leben" von Sonny Barger
Quellennachweis Internet:
Thema 1%er, Onepercenter
http://www.wildutah.net/7-21-00/
Thema Hollister 1947
http://en.wikipedia.org/wiki/Hollister_riot
http://www.cestcop.com/holl.htm